
So isst du fürs Klima – und für deine Gesundheit
Caroline Cornfine
Wenn du an die „Ernährung der Zukunft“ denkst, was genau kommt dir da in den Sinn? Burger aus Insekten, Algen statt Salat und vielleicht bisher unbekannte Getreidezüchtungen? Möglich. Aber so abgefahren muss es gar nicht sein. Die EAT-Lancet-Kommission, eine Gruppe von 37 Wissenschaftler:innen aus 16 Ländern und verschiedenen Fachrichtungen, hat einen Ernährungsplan für die Zukunft ausgearbeitet, der drei große Probleme unserer Zeit auf einmal in den Griff kriegen soll: Wohlstandserkrankungen durch ungesundes Essen, Mangelernährung und den Klimawandel.
Genug Essen für zehn Milliarden Menschen
Das Ganze nennt sich „Planetary Health Diet“, ist aber keine Diät, sondern ein Ernährungsprinzip, das sowohl uns Menschen, als auch den Planeten fit hält – ein Konzept für eine gesunde und nachhaltige Ernährung sozusagen.
Untersuchungen zufolge wird es im Jahr 2050 rund zehn Milliarden Menschen auf der Welt geben. Sie alle satt zu bekommen (was wohlgemerkt bei aktuell über acht Milliarden schon nicht wirklich klappt) und dabei nichts an unserem Ernährungssystem zu ändern, wird dazu führen, dass wir die Ressourcen noch schneller erschöpfen und noch mehr Menschen hungern als heute.
Das Erfolgsrezept für die Zukunft: weniger Zucker und Fleisch
Bei der „Planetary Health Diet“ sind die wichtigsten Stellschrauben Zucker und Fleisch. Damit die Zukunfts-Rechnung der Wissenschaftler:innen aufgeht, müsste der Konsum dieser zwei Lebensmittel(gruppen) weltweit um die Hälfte reduziert werden. In Deutschland dürfte nur noch ein Zehntel der bisherigen Fleischmenge verzehrt werden, Zucker müsste um rund zwei Drittel reduziert werden.

Durchschnittlich essen die Deutschen täglich rund 95 Gramm reinen, also zugesetzten Zucker. Optimal wären nach der „Planetary Health Diet“ nur gut 30 Gramm. Diese Menge steckt beispielsweise in 50 g Vollmilchschokolade oder einem 200-g-Becher Fruchtjoghurt. Der übermäßige Konsum an freiem Zucker, vor allem in Form von gesüßten Getränken, ist laut Wissenschaftlern der Technischen Universität München der häufigste Grund für Volkskrankheiten wie Übergewicht, Diabetes und Bluthochdruck – die wiederum nachweislich das Herz-Kreislauf-System schädigen.
Wie Fleisch unserer Gesundheit und dem Klima schadet
Vor allem rotes Fleisch steht nach wie vor im Verdacht nicht gesundheitsförderlich zu sein. Schuld daran sind vor allem die großen Mengen an gesättigten Fettsäuren, Cholesterin und Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff. Das alles kann bei hohem Konsum, vor allem in verarbeiteter Form – zum Beispiel als Bratwurst oder Schinken – zu Arterienverkalkung (Arteriosklerose) führen. Auch das Risiko für Krebserkrankungen steigt, je mehr Fleisch wir essen. Das ist die gesundheitliche Seite. Und wie sieht es für den Planeten aus? Über 60 Prozent unserer weltweiten Anbauflächen werden aktuell für die Viehzucht genutzt. Dabei werden für vier Kilogramm Rindfleisch so viele Ressourcen (Ackerflächen, Weideland und Wasser) verbraucht wie für den Anbau von 100 Kilo pflanzlicher Lebensmittel mit ähnlichem Nährstoffprofil. Und das Thema artgerechte Tierhaltung bzw. Tierwohl ist bei dieser Rechnung sogar noch komplett außen vor.

Essen nach der „Planetary Health Diet“ – fit mit Pflanzenpower
Die „Planetary Health Diet“ legt den Fokus auf pflanzliche Kost: viel Obst und Gemüse, plus Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte. Denn diese Nahrungsmittel liefern jede Menge gesunde Ballaststoffe, die besonders wichtig für unsere Darmbakterien sind.
Rund zwei Kilo und 500 unterschiedliche Arten an Bakterien wohnen in unserer Körpermitte – und sind für unsere Gesundheit unentbehrlich. Sie dienen zur Abwehr krankmachender Keime und Pilze, optimieren den Fettstoffwechsel und produzieren beispielsweise Buttersäure, die die Darmwand schützt und die Ausbreitung von Krebszellen reduzieren kann. Außerdem wird unser Immunsystem erst durch Darmbakterien richtig aktiv. Sie helfen bei der Reifung der T-Zellen. Das alles funktioniert jedoch nur, wenn die Bakterien ausreichend Futter bekommen. Ihre Leibspeise: unverdauliche Pflanzenfasern, sprich Ballaststoffe.
Zusätzlich wichtig: Nüsse, Samen und Kerne. Sie sind allesamt reich an ungesättigten Fettsäuren, die das gute Cholesterin im Blut erhöhen und dadurch das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle senken. Keine Angst vor den Kalorien! Eine Studie des Landwirtschaftsministeriums der Vereinigten Staaten (USDA), hat gezeigt, dass Nüsse viel weniger energiereich sind als bisher angenommen. Ein Teil wird meist unverdaut wieder ausgeschieden.

So setzt du die „Planetary Health Diet“ zu Hause um und tust was gegen den Klimawandel
Letztendlich entspricht die Ernährung der Zukunft also dem Begriff des „Flexitariers“. Es muss auf nichts komplett verzichtet, aber tierische Produkte und Zucker deutlich reduziert werden.
Beim Einkauf sollte man auch das Klima im Kopf haben und wenn möglich regional und saisonal wählen. Flugmangos aus Thailand oder spanische Erdbeeren im Dezember verursachen einen deutlich höheren CO2-Austoß und Wasserverbrauch als heimisches Obst und Gemüse, das reif geerntet und verkauft werden kann.
Das kommt täglich auf den Teller:
300 g Gemüse
250 g Milchprodukte
230 g Vollkorngetreide
75 g Hülsenfrüchte
50 g Kartoffeln
50 g Nüsse
50 g Fette und Öle (der Großteil ungesättigt)
30 g Zucker
Das darf einmal pro Woche gegessen werden:
200 g Geflügel
100 g Fleisch (Rind, Schwein oder Lamm)
200 g Fisch
1-2 Eier
Für diesen Speiseplan legen die Wissenschaftler:innen einen täglichen Bedarf von 2500 Kalorien zugrunde. Je nach den persönlichen Lebensumständen kann das allerdings zu viel oder zu wenig sein. Daher gelten diese Werte nur als grobe Orientierung.